2021 und immer noch keinen rechtskräftiger Haushalt

Am 30.09.2020 werden die Mitglieder des Finanzausschusses der SVV erstmalig durch den Kämmerer Herrn Böhm über die Eckdaten für den geplanten Haushaltsentwurf für das Jahr 2021 informiert. Die mittels einer PowerPoint-Präsentation (Haushaltsplanung 2021 Ausschuss WF vom 30.09.2020) in den Raum geworfenen Zahlen sorgen unmittelbar für großes Erstaunen. Der Kämmerer geht bereits zu diesem Zeitpunkt davon aus, dass es keinen rechtskräftigen Haushalt für das noch laufende Jahr 2020 geben wird. Alle Investitionsansätze des Haushaltes 2020 werden im Haushaltsansatz erneut abgebildet. Es wird in den Folien für das Jahr 2021 ein Investitionsvolumen von 65,9 Mio. € ausgewiesen.

Um sich die Realitätsferne dieser Zahl zu verdeutlichen bedarf es lediglich einer Rückschau in die vergangenen Jahre. Das Gesamtinvestitionsvolumen der Jahre 2015 bis 2019 (also in 5 Jahren) betrug 56,25 Mio. €, was einem durchschnittlichen jährlichen Volumen von 11,25 Mio. € entspricht. Hierbei ragt das Jahr 2019 (19,9 Mio.) mit einem bereits überdurchschnittlichen Volumen heraus. In 2019 resultierte dies aus der Besonderheit, dass Großbauvorhaben in Modulbauweise realisiert wurden. Hierbei werden Generalunternehmer gebunden, der Aufwand in der Verwaltung fällt dementsprechend deutlich geringer aus als bei kleinteiliger Vergabe.

Es dauert dann bis zum Nachmittag des 30.10. bis der Haushaltsentwurf 2021 den Stadtverordneten per Mail zugeht. Diesen verbleiben nur wenige Tage um sich in das umfangreiche Zahlenwerk (397 Seiten) einzulesen, denn bereits in der zweiten Novemberwoche soll in den Fachausschüssen über diesen Entwurf beraten werden, damit in der SVV-Sitzung am 30.11.2020 der Haushalt beschlossen werden kann.

Bereits in der ersten Fachausschuss-Sitzung (SBU) am 09.11.2020 werden dem Kämmerer die eklatanten Mängel des Entwurfes vorgehalten, der Haushaltsentwurf wird mit deutlicher Mehrheit (5xNein, 2xJa) nicht zur Beschlussfassung empfohlen.

Am darauffolgenden Abend tagt der Sozialausschuss, hier verkündet der Bürgermeister im Vorfeld der Befassung mit dem Haushaltsentwurf 2021, dass sich die „Kameraden der Feuerwehr“ in einem offenen Brief an die Stadtverordneten wenden werden und ihnen dieser demnächst zugehen werde. Die Diskussion zum Haushaltsentwurf endet mit dem gleichen Ergebnis wie einen Tag zuvor, eine deutliche Mehrheit lehnt auch hier ab.

Der durch den Bürgermeister bereits angekündigte Brief der Feuerwehr erreicht die Stadtverordneten am Nachmittag des Folgetages (11.11.2020) kurz vor der Sitzung des Finanzausschusses. Die letzten beiden Absätze des Schreibens verraten, worum es geht.

„Ich appelliere an Sie, die Haushaltsmittel für die Hauptfeuerwache bereitzustellen. Gleiches gilt im Übrigen auch für weitere die Feuerwehren in den Ortsteilen betreffende Investitionsmaßnahmen. Nur so kann Königs Wusterhausen als größte Stadt des Landkreises Dahme-Spreewald und als Mittelzentrum seinen Anforderungen gerecht werden.

Wir können es uns nicht leisten, solche maßgeblichen Entscheidungen weiter auf die lange Bank zu schieben oder gar gegeneinander auszuspielen. Wer Entwicklung und Wachstum will, muss auch dafür nötige Beschlüsse fassen. Das ist Ihre politische Verantwortung für Ihre Heimatstadt.“

Das erkennbar im Sprachduktus des Bürgermeisters verfasste Schreiben, welches vom Stadtwehrführer und seinen 3 Stellvertretern unterzeichnet ist, verfolgt offenkundig den Zweck öffentlichen Druck auf die hinsichtlich des Haushalts ablehnende Mehrheit der Stadtverordneten zu erzeugen.

Sowohl im Finanzausschuss als auch im Ausschuss für Ordnung, Mobilität und Digitales am 12.11.2020 wird der Haushaltsentwurf 2021 jedoch weiterhin mit deutlicher Mehrheit abgelehnt.

Unterdessen wird am 11.11.2020 das Urteil des Verwaltungsgerichts Cottbus zum sog. Haushaltsstreit 2020 öffentlich. Hierin wird im Wesentlichen festgestellt, dass der Bürgermeister den Haushalt 2020 nicht in der beschlossenen Form bei der Kommunalaufsicht vorgelegt und somit auch keinen Anspruch auf Genehmigung hat.

Nun ist guter Rat teuer. Das eindeutige Gerichtsurteil nötigt den Bürgermeister nunmehr zum Handeln hinsichtlich des Haushaltes 2020. Eine entsprechende „Lösung“ präsentiert er mittels einer Pressemitteilung am 13.11.2020 „Bürgermeister legt Haushaltssatzung 2020 erneut zur Beschlussfassung vor“ .

In einer eiligst einberufenen Sondersitzung des Finanzausschusses am 20.11.2020 sollen laut Pressemitteilung vom 17.11.2020  ursprünglich noch beide Haushaltsentwürfe, also für 2020 und 2021 behandelt werden. Dieses Vorhaben wird dann in der Sitzung selbst bereits nicht mehr verfolgt, es geht dort nur noch um den Haushalt 2020. Dies ist auch logisch, da der vorliegende Haushaltsentwurf 2021 darauf aufbaut, dass es keinen rechtskräftigen Haushalt 2020 gibt. Eine neue Ausarbeitung auf nunmehr geänderter Grundlage benötigt mehrere Wochen bzw. Monate Zeit.

Obwohl allen Beteiligten mittlerweile klar ist, dass der vorgelegte Haushaltsentwurf 2021 in dieser Form obsolet wird, dürfen sich die Ortsbeiräte am 18. Und 19.11.2020 auch noch mit dem Thema befassen. Am Ende lehnen auch 7 von 8 Ortsbeiräten den vorgelegten Haushaltsentwurf 2021 ab.

Nach Information der Verwaltung Ende Januar, sollte in der SVV-Sitzung am 22.03.2021 über einen neuen Haushaltsentwurf für 2021 abgestimmt werden. In der Stadtverordnetenversammlung am 8. Februar verkündete der Bürgermeister dann eine Reihe an Sondersitzungen, in der der neue Haushaltsplan beraten werden soll. Vom 22. bis 24.02.2021 sollten der Fachausschuss für Wirtschaft und Finanzen, der Hauptausschuss und die Stadtverordnetenversammlung tagen. Diese Terminkette ist offensichtlich Instrument, um den Bürgerentscheid am 7. März zu beeinflussen. Anders ist es nicht zu erklären, einen zusätzlichen Sitzungszyklus wegen 26 Tagen Zeitersparnis einzuziehen. Der 2. Entwurf des 2021er Haushaltsplans wurde den Stadtverordneten am Abend des 09.02.2021 per E-Mail zugesandt. Wegen der Fristigkeit, etlicher Terminkollisionen sowie der fehlenden Abstimmungsmöglichkeit der Fraktionen nach dem Fachausschuss zur SVV schlägt die SVV-Vorsitzende den 5. März als Sondersitzungstermin vor.

Inhaltlichen Wertung des Haushaltsplans (Erster Entwurf)

Der Haushaltsplan für 2021 wurde abgelehnt und nicht als zustimmungsfähig erachtet, da er unter anderem hinsichtlich der Investitionsplanung eine Addition der Ansätze für 2020 mit den neuen Ansätzen 2021 auswies. In 2020 war ein Investitionsvolumen von 30 Millionen für 2021 geplant, in dem Haushaltsentwurf, der uns für 2021 vorgelegt wurde, waren es nun über 57 Millionen. Dies steht nicht im Einklang mit den Grundsätzen zur Aufstellung eines zu beschließenden Haushaltsplans. Gemäß der kommunalen Haushalts- und Kassenverordnung (KomHKV) sind die Erträge und Aufwendungen in ihrer voraussichtlichen Höhe in dem Haushaltsjahr zu veranschlagen, dem sie wirtschaftlich zuzurechnen sind. Die Einzahlungen und Auszahlungen sind nur in Höhe der im Haushaltsjahr voraussichtlich eingehenden oder zu leistenden Beträge zu veranschlagen. Erträge und Aufwendungen sowie Einzahlungen und Auszahlungen sind sorgfältig zu schätzen, soweit sie nicht errechenbar sind.

In den vorliegenden Ergebnissen der letzten 5 Haushaltsjahre (2015 – 2019) wurden weniger Investitionen umgesetzt, als für 2021 veranschlagt werden. Im Mittel liegt das jährliche Investitionsvolumen im Zeitraum 2015-2019 bei 11,25 Millionen Euro. Die Verwaltung blieb die Antwort schuldig, aufgrund welcher Maßnahmen die Umsetzungsquote in diesem Jahr um ein Vielfaches gesteigert werden kann. Kämmerer Axel Böhm im Finanzausschuss am 30.09. dazu: „… 15 Mio. € stellen einen durchschnittlichen Wert dar, was die Verwaltung mit der personellen Struktur umsetzen kann…“ Insofern gehen die Stadtverordneten mehrheitlich von dem bisher erfahrenen Realisierungspotenzial der Verwaltung aus.

Es liegt auf der Hand, dass dieses durch den beanstandeten Haushalt verlorene Jahr 2020 nicht in 2021 ungeschehen gemacht werden kann.

Die Konsequenzen sind, dass sich Verschiebungen und aufgrund der Baupreisentwicklung Kostensteigerungen ergeben. Der von der Verwaltung veranschlagte Kreditbedarf wurde ebenfalls in Frage gestellt, da die Liquiditätsplanung bereits in der Vergangenheit große Abweichung aufwies. Zum einen liegt das an den steigenden Haushaltsresten, welche Ausdruck einer gegenüber Plan geringeren Investitionsrealisierung sind. Zum anderen liegt es an den falsch geplanten Einnahmen aus Einkommensteuer sowie Schlüsselzuweisungen durch das Land.

Die von der Kommunalaufsicht versagte Kreditaufnahme für den Haushalt 2019 bestätigt sich somit und das von der Stadt prognostizierte Defizit an liquiden Mitteln stellt sich als grobe Fehleinschätzung heraus. Derzeit zahlen wir Zinsen auf unsere hohen Bankguthaben.

Neben diesen allgemeinen Feststellungen zu den großen Differenzen des Planansatzes gegenüber der Realisierungskraft der Stadt in der Vergangenheit, gab es auch konkrete Fragen zu Projekten, deren Einschätzung zur Notwendigkeit von der Verwaltung abweichend zur Mehrheit der Stadtverordneten ist, und unter den gegebenen Umständen fraglich und erklärungsbedürftig erscheint. So ist beispielsweise die beschlossene kurzfristige Containerlösung für die Grundschule Zernsdorf nicht im Haushalt enthalten. Auf der anderen Seite wiederum ist die Erweiterung des Rathauses mit 1,2 Millonen Euro im Plan. Dabei ist in den Haushaltsberatungen nicht erläutert worden, inwiefern durch Heimarbeitsplätze die Kapazitäten im Rathaus flexibler gestaltet und die Aufstockung des erst 5 Jahre alten Gebäudes substituiert werden kann. Dies würde den Investitionsbedarf reduzieren und zeigte den Weg in eine zukunftsorientierte Arbeits- und Lebenswelt auf. Des Weiteren stellt sich die Frage zur Verdoppelung der Kosten für den Neubau des Sportplatzes der Grundschule Wilhelm Busch. Hier wurden vor 5 Jahren 900.000 Euro veranschlagt. In dem uns nun vorliegenden Haushaltsplan sind 2,3 Millionen geplant. Dies gilt es dem Fachausschuss zu erläutern. Inwiefern ist für die Grundschule eine wettkampftaugliche Sportanlage erforderlich. Bei anderen Projekten in der Stadt, bei denen es um lediglich 300.000 Euro Eigenanteil ging war das mit Verweis auf die Kosten nicht möglich.

Im Ergebnishaushalt fallen besonders die Kostensteigerungen für Rechtsberatung auf. Hier enthält der Haushaltsplan diverse Ansätze in Höhe von insgesamt 985.000 Euro. In den Jahren 2018, 2019 lagen diese Kosten bei rund 400.000 Euro hier sollte die Streitkultur in der Stadt wieder harmonischer werden und Aufträge für Rechtsgutachten zur Beanstandung von Beschlüssen entsprechend über zirka 500.000 Euro eingespart werden.

Konsequenzen einer schlechten Haushaltspolitik

Durch eine ungenaue Haushaltsplanung werden Mittel blockiert, die anderweitig sinnvoll hätten eingesetzt werden können. Des Weiteren werden im vorliegenden Haushaltsplan Kreditaufnahmen in Höhe von 54 Mio. € geplant. Tatsächlich weisen die Abschlüsse 2017, 2018 und 2019 jeweils > 40. Mio € an liquiden Mitteln aus, was gem. dem Kämmerer auch Ende 2020 der Fall war. Sofern Kredite zur Finanzierung der Ausgaben nicht erforderlich sind, Schaden sie dem Ergebnis unnötigerweise zusätzlich. Sollten bei der Anwendung realistischerer, niedriger Ansätze, wider Erwarten, doch mehr Investitionen umgesetzt werden, wäre dazu dann ein Nachtragshaushalt zu beschließen. Wir könnten also reagieren, wenn wir mehr Haushaltsmittel benötigen als im Haushaltsplan veranschlagt. Zu viel geplante Auszahlungen hingegen limitieren uns in den Entwicklungsmöglichkeiten und verbleiben als sogenannte Haushaltsreste.

Das Argument „Die Stadt müsse Kredite aufnehmen und könne ihren Zahlungsverpflichtungen sonst nicht mehr nachkommen wurde bereits 2019 vom Kämmerer Axel Böhm verkündet. Erwiesenermaßen war jedoch das Gegenteil der Fall. Freiwillige Leistungen für Kultur und Sport wurden allerdings auf Grundlage dieser Begründung abgelehnt. Insofern ist es sehr wichtig einen genauen Plan zu haben, der die Stadt nicht um ihre Möglichkeiten beschneidet.

Die Stadtverordnetenversammlung hat diesbezüglich im letzten Jahr Beschlüsse (Beschluss zum Investitionscontrolling, Kennzahlen in den Haushaltsplan) gefasst, mit denen die Transparenz zur Verwendung der Haushaltsmittel und zum Wirkungsgrad besser sichtbar gemacht werden sollen.