Bürgermeister blockiert den Bürgerentscheid

Der Bürgerentscheid über die Abwahl des Bürgermeisters rückt näher und die Rolle der Wahlleiterin wird bereits öffentlich, beispielsweise in der Beanstandung zum Beschluss vom 08.01.2020 und in einem Artikel der Märkischen Allgemeinen Zeitung vom 26.01.2021, zur Diskussion gestellt. Deshalb ist es wichtig einmal zu beleuchten, welche Probleme sich für diese Funktion ergeben können und welche Pflichten eine Wahlleitung überhaupt hat sowie deren Aufgaben von den Pflichten der Wahlbehörde abzugrenzen.

Die Wahlleitung

Die Wahlleitung, in der Stadt Königs Wusterhausen derzeit bestehend aus einer Wahlleiterin und einer Stellvertreterin als ihre Abwesenheitsvertretung, wird für die Kommunalwahlen in der Stadt für die gesamte laufende Wahlperiode von der Stadtverordnetenversammlung (SVV) berufen. Das Kommunalwahlgesetz sieht hier im Regelfall vor, dass der Wahlleiter aus den wahlberechtigten Einwohnern der Stadt zu berufen ist und damit im Ehrenamt tätig wird. Damit der Bürgermeister aber hier gegebenenfalls auch auf alle MitarbeiterInnen seiner Verwaltung zugreifen und diejenigen vorschlagen kann, die die erforderliche fachliche Eignung besitzen, muss der Wahlleiter dann nicht in der Stadt wohnen, wenn er bei der Stadt beschäftigt ist. Genau diesen Fall haben wir in Königs Wusterhausen vorliegen.

Die als Wahlleiterin berufene Beschäftigte aus dem Rathaus ist nunmehr in zweiter Wahlperiode in dieser Funktion tätig, davor war sie stellvertretende Wahlleiterin. Gleichzeitig war sie seit 2004 als Sachgebietsleiterin Allgemeine Verwaltung sowohl für den Sitzungsdienst als auch für die Vorbereitung und Durchführung aller Wahlen zuständig, hier betraut mit einer Vielzahl an Aufgaben, die der Wahlbehörde aus dem Kommunalwahlgesetz erwachsen. Ihre derzeit amtierende Stellvertreterin wurde erstmals in das Amt berufen, ist aber als Fachbereichsleiterin Zentrale Dienste und damit Vorgesetzte der Sachgebietsleiterin seit 2016 ebenfalls verantwortlich für die Aufgaben der Wahlbehörde. Insoweit war es nachvollziehbar, dass diese beiden MitarbeiterInnen vom Bürgermeister vorgeschlagen und von der Stadtverordnetenversammlung berufen worden sind.

Die Aufgaben zur Durchführung von Wahlen, darunter zählt aber auch der Bürgerentscheid über die Abwahl des Bürgermeisters, sind aufgeteilt in Aufgaben der Wahlleitung und der Wahlbehörde. Die Wahlleitung hat im vorliegenden Fall beispielsweise den Abstimmungstag unverzüglich bekanntzumachen. Dabei ist sie auf die Verwaltung angewiesen, denn diese gibt das Amtsblatt heraus. Sie hat außerdem die Wahlhelfer zu berufen und zu unterrichten. Die Wahlbehörde wiederum muss z.B. die Abstimmungsbezirke hinsichtlich Zuschnitt und Größe prüfen und für jeden ein Abstimmungslokal festlegen und einrichten. Sie ist verantwortlich für die Erstellung des Wählerverzeichnisses und die Herausgabe der Briefwahlunterlagen.

Bürgermeister behindert demokratischen Prozess

Man stelle sich nun vor, dass ein Wahlleiter ehrenamtlich tätig wäre und nicht in der Verwaltung beschäftigt ist. In einem solchen Fall ist davon auszugehen, dass die Verwaltung mit ihren Ressourcen und ihrem Fachwissen den Wahlleiter unterstützt und ihm vermutlich alles vorbereitet, so dass dieser beispielsweise Schreiben, Bekanntmachungen nur noch unterzeichnen muss. Denn allein bei der Berufung von Wahlhelfern ist er auf die Prüfung der Wahlberechtigung durch die Behörde angewiesen.

Beim anstehenden Bürgerentscheid entsteht aktuell der Eindruck, dass die Behördenleitung zumindest nicht mit vollem Einsatz und ganzer Kraft an der Durchführung interessiert ist. Wie kann man zu dieser Einschätzung gelangen?

Der Bürgermeister, vertreten durch seinen Allgemeinen Vertreter René Klaus und unterstützt durch die Fachbereichsleiterin Zentrale Dienste, gleichzeitig stellvertretende Wahlleiterin, beanstandeten den Beschluss zur Einleitung des Bürgerentscheides über die Abwahl des Bürgermeisters Swen Ennullat (Quelle: Ratsinformationssystem, Beschluss-Nr. 10-20-295). Aus den Anlagen zur Beanstandung ist erkennbar, dass sich die Wahlleiterin nach der Beschlussfassung an die Kommunalaufsicht wandte, aus der Sitzung vom 08.01.2021 berichtete und erklärte, dass sie selbst keine Bedenken gegen diese Beschlussfassung habe und um Mitteilung bäte, soweit die Kommunalaufsicht dies anders sehe. Dies tat die Wahlleiterin ganz offensichtlich mit Blick auf den § 52 Kommunalwahlgesetz, denn hiernach könnte die Kommunalaufsicht bei schweren Mängeln im Verfahren ein solches Abstimmungsverfahren stoppen. Die Kommunalaufsicht, auch das ist den Anlagen zur Beanstandung zu entnehmen, teilte die rechtliche Würdigung der Wahlleitung und wies vorsorglich daraufhin, dass Fehler innerhalb des Abstimmungsverfahrens im Übrigen dem sogenannten Wahlprüfungsverfahren unterworfen seien, nicht aber durch den Bürgermeister beanstandet werden könnten.

Ein Wahlprüfungsverfahren schließt sich einer Wahl oder wie in diesem Fall einem Bürgerentscheid zur Abwahl an. Hier kann nach Ablauf beispielsweise durch wahlberechtigte Einwohner, aber auch durch die Wahlleitung sowie die Kommunalaufsicht Wahleinspruch unter Angabe von Gründen eingelegt werden, die dann zu untersuchen sind.

Es ist also zunächst festzustellen, dass der Stadtverwaltung Königs Wusterhausen die Einschätzung der Kommunalaufsicht zum fehlenden Beanstandungsrecht vorlag. Ungeachtet dessen haben die Vertreter des Bürgermeisters Swen Ennullat den Beschluss der Stadtverordnetenversammlung beanstandet. Nun muss man sich fragen, warum sie das gemacht haben. Ein Blick ins Gesetz lässt vermuten, welche Beweggründe dazu führten. Beanstandungen gemäß § 55 Kommunalverfassung Brandenburg führen dazu, dass Beschlüsse erst einmal nicht umzusetzen sind (sog. Aufschiebende Wirkung, vgl. auch Artikel zu Beanstandungen des Bürgermeisters).

Es scheint also nur darum zu gehen, die Abstimmung über die Abwahl des Bürgermeisters zu verschieben oder sogar zu verhindern. Diese rechtsmissbräuchliche Beanstandung durch den Allgemeinen Vertreter des Bürgermeisters wurde deshalb auch mit Schreiben der Kommunalaufsicht des Landkreises vom 21.01.2021 von dieser beanstandet, so dass der Hauptverwaltungsbeamte als Wahlbehörde verpflichtet ist, den Beschluss umzusetzen und vor allem die Bekanntmachung der Wahlleiterin zum Abstimmungstag im Amtsblatt der Stadt zu veröffentlichen, was bis Ende Januar noch nicht erfolgt ist.

Um einen noch besseren Eindruck von der Sicht der Verwaltungsvertreter auf die Rolle der Wahlleiterin zu bekommen, lohnt sich auch ein Blick in das veröffentlichte Beanstandungsschreiben selbst. So habe nach Meinung des Vertreters des Bürgermeisters die Wahlleiterin sich „eigenverantwortlich und ohne Zustimmung oder Kenntnis der Abstimmungsbehörde mit zwei Mails an den Kreiswahlleiter als auch an die Kommunalaufsicht LDS“ gewandt. Weiter heißt es: „Die Abstimmungsleiterin hatte jedenfalls zuvor keine Kenntnis der Beschlussunterlagen oder anderer behördlicher Schreiben…betreffend genommen oder um Einblicke gebeten. Dies gehört auch nicht zu ihren Aufgaben. Die Abstimmungsleiterin schilderte in ihren Emails eigene, in der privaten Freizeit von außen gewonnene Eindrücke und gab ihre persönliche Meinung kund.“.

Diese Darstellung verwundert ein wenig. Zum einen war die Beschlussvorlage zur Einleitung der Abstimmung über die Abwahl des Bürgermeisters eine öffentliche und damit im Ratsinformationssystem bereits vor der Sitzung nebst begleitenden Stellungnahmen zu finden. Zum anderen hat die Wahlleiterin aus dem Kommunalwahlgesetz rechtliche Pflichten, die sie erfüllen muss. Sie ist insoweit allein dem Gesetz unterworfen. Die Sitzung der Stadtverordnetenversammlung zu besuchen, dort eigene Eindrücke zu gewinnen und das Beschlussergebnis zur Kenntnis zu nehmen sowie unter Zuhilfenahme der vorhandenen Beschlussunterlagen eine rechtliche Würdigung vorzunehmen, ist bezüglich der Pflichten einer Wahlleitung eine überaus nachvollziehbare Handlungsweise. Bei einer gleichzeitig dem Bürgermeister unterstehenden Beschäftigten, die bereits viele Jahre sowohl für die Arbeit mit den Gremien als auch für Wahlen tätig war, von einer „persönlichen Meinungskundgabe“ zu sprechen, gibt zumindest Einblick in die Stimmung zwischen Behördenleitung und Wahlleitung.

Schaut man sich dann noch den beruflichen Werdegang der Beschäftigten an, so fällt auf, dass diese nach vielen Jahren Tätigkeit als Sachgebietsleiterin Allgemeine Verwaltung, nur wenige Tage nach der Rückkehr des Bürgermeisters aus seiner Beurlaubung Ende August 2020 in die Stabsstelle Digitalisierung umgesetzt wurde und damit nicht mehr verantwortlich für den Sitzungsdienst oder die Wahlvorbereitungen und auch nicht mehr der Fachbereichsleiterin Zentrale Dienste und gleichzeitig ihrer stellvertretenden Wahlleiterin dienstlich unterstellt war.

Den Stadtverordneten liegt ein Schreiben vom 22.01.2021 vor, dass eben diese Stellvertreterin von ihrer Funktion zurückgetreten sei und dies offensichtlich unmittelbar im Zusammenhang mit einer Dienstabwesenheit der Wahlleiterin für einen Zeitraum von drei Wochen. Dabei suggeriert der Allgemeine Vertreter des Bürgermeisters gegenüber der Stadtverordnetenversammlung, dass nun keine funktionsfähige Wahlleitung mehr vorhanden sei. Er akzeptiere den Rücktritt der stellvertretenden Wahlleiterin sogar in dieser Situation, da sie die Interessen der Stadt im Rahmen einer etwaigen gerichtlichen Auseinandersetzung mit der Kommunalaufsicht des Landkreises zur Beanstandungsfähigkeit des Beschlusses zur Einleitung des Bürgerentscheids über die Abwahl des Bürgermeisters vertreten müsse. Aber sind das wirklich die Interessen der Stadt? Ist die Durchführung eines beschlossenen Bürgerentscheids nicht wichtig? Oder sind es wieder einmal nur die persönlichen Interessen des Bürgermeisters Swen Ennullat, für die sich die höchsten Vertreter der Stadtverwaltung einsetzen? Dabei konnte die stellvertretende Wahlleiterin gar nicht von ihrem Amt zurücktreten, worauf die Kommunalaufsicht mit Schreiben vom 25.01.2021 Herrn Klaus auch hinwies, sondern nur bei der Stadtverordnetenversammlung um Entlassung aus dem Ehrenamt bitten. Nun hat der Bürgermeister eine Beschlussvorlage in die Stadtverordnetenversammlung eingebracht, nach der die stellvertretende Wahlleiterin abberufen werden soll, obwohl die Wahlleiterin noch erkrankt ist. Einen Personalvorschlag aus seinem Haus zur Nachbesetzung gibt es nicht, das ist aus seiner Sicht alleinige Aufgabe der Stadtverordnetenversammlung, eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger für das Ehrenamt zu finden. Ein Schuft, der Böses dabei denkt…

Darüber hinaus informierte der Vertreter des Bürgermeisters René Klaus in dem Schreiben vom 22.01.2021 an die Stadtverordneten, dass die mittlerweile dienstabwesende Wahlleiterin seit 14.01.2021 auch alle Aufgaben der Wahlbehörde erledigen sollte und hierzu ab dem 25.01.2021 eine Unterstützung durch einen Angestellten ohne Verwaltungserfahrung bekommen sollte. Es ist auch bekannt, dass die Aufgabenübertragung mit einem Auszug aus dem Rathaus verbunden war. So sollten diese beiden Mitarbeiter ihren Dienst aus Büros im Gebäude der Lutra Hafengesellschaft verrichten. Einen Dienst, der zwangsläufig ein hohes Erfordernis an Abstimmung in der Verwaltung erfordern dürfte, wenn man an die vielfältigen Aufgaben dabei denkt, wie Anmietung oder Reservierung von Abstimmungslokalen, das Erstellen eines Wählerverzeichnisses und die Herausgabe der Briefwahlunterlagen, die Bestellung von Wahlunterlagen usw. Darüber hinaus ist gerade der Wahlleitung aber auch der prüfende Blick über einzelne Abläufe innerhalb des Rathauses damit sicher ein Stück weit verwehrt oder mindestens erschwert. Dazu passt auch, dass der Bürgermeister die Wahlleiterin gezwungen hat, eine Mail zurückzurufen, in der sie die Mitarbeiter*innen wie in früheren Jahren um Unterstützung bei der Abstimmung durch Mitarbeit in den Wahlvorständen gebeten hat. Die Vorgesetztenstellung so für seine persönlichen Ziele zu missbrauchen ist eine der vielen Handlungen des Herrn Ennullat, die vorher niemand bei einem Hauptverwaltungsbeamten für möglich gehalten hätte.

Einen Bürgerentscheid über die Abwahl eines Bürgermeisters durchzuführen, ist gesetzlich legitimiert, ein vollkommen demokratischer Vorgang und sollte den gesetzlichen Vorschriften folgen. Im Vergleich zu vielen durch die Verwaltung durchgeführten Wahlen in den vergangenen Jahren gibt es bei diesem Bürgerentscheid neben den Versuchen des Bürgermeisters, die Abstimmung durch vermeintliche rechtliche Bedenken zu verhindern, offensichtlich auch Probleme im Umgang mit den für Wahlen Verantwortlichen sowie Veränderungen in organisatorischen Zuständigkeiten.

Alles in allem versucht Herr Ennullat wieder einmal auf den verschiedensten Wegen auch hier eine demokratische Entscheidung in unserer Stadt zu sabotieren und schreckt dabei nicht einmal vor persönlichen Angriffen auf die Wahlleiterin zurück, der er Untätigkeit vorwirft, obwohl gerade er mit seinen Stellvertretern ihre Arbeit von Anfang an behindert. Das dürfen wir uns nicht gefallen lassen. Deshalb:

Ja zu KW!

Ja zur Abwahl